Arm aber glücklich?
In Deutschland ist jeder dritte freie Journalist höchstens 40 Jahre alt. Junge Menschen kommen um ein Dasein als Freiberufler kaum herum, wenn sie in den Journalismus einsteigen. Manche haben aus der Not längst eine Tugend gemacht und setzen sich umso mehr für die Interessen der Freien ein. Denn die Honorare sind oft dürftig – 11 Cent die Zeile keine Seltenheit. Was denken junge Journalisten selbst über den freien Journalismus? Sind sie wirklich arm, aber glücklich?
Das zahlen deutsche Medien freien Journalisten
Die deutschen Zeitungen zahlen also ganz unterschiedliche Zeilengelder. Was besonders auffällt: Lokalzeitungen bezahlen deutlich schlechter als die überregionalen. Die Online-Medien dagegen scheinen sich bei der Bezahlung ihrer Freien einiger zu sein: Zeit-Online, Handelsblatt Online und süddeutsche.de zahlen Pauschalen von 150 Euro, Spiegel Online und merian.de 30 Euro mehr. Allerdings sind die Texte dabei nicht immer gleich lang: Es geht von 4.000 Zeichen (süddeutsche.de) bis 7.000 Zeichen (Zeit-Online).
Die hier aufgeführten Zeilengelder und Honorare basieren auf Werten, die die Freischreiber auf ihrem Blog http://wasjournalistenverdienen.tumblr.com/ sammeln. Dort können freie Journalisten ihre gewährten Honorare und Erfahrungen mit Kollegen teilen. Insofern können wir keine Haftung für die Vollständigkeit der Werte übernehmen. Vielmehr handelt es sich um individuelle Erfahrungswerte Einzelner.
#11CentdieZeile
Twitterinterview mit Benno Stieber, Vorsitzender der Freischreiber und freier Korrespondent in Karlsruhe
Jetzt hier im Twitter-Kurzinterview:Der @Freischreiber-Vorsitzende @bennostieber. Thema: Junge Freie, Honorare etc. #11CentdieZeile— Christian Schweppe (@ChSchweppe) 26. Januar 2015
@ChSchweppe Hallo Christian!— bennostieber (@bennostieber) 26. Januar 2015
@ChSchweppe Naja, sie müssen ihn natürlich erst austesten. Sie müssen aber wissen was sie wert sind und was ein Arbeitstag mindest. kostet. — bennostieber (@bennostieber) 26. Januar 2015
@ChSchweppe A. Sie müssen ihre Fixkosten im Monat zusammenrechnen und durch die Arbeitstage teilen. Aber nicht unter 250 E pro Tag.— bennostieber (@bennostieber) 26. Januar 2015
@ChSchweppe B: Ich glaube schon, dass Journalismus oft mit Ausbeutung zu tun hat und dem Versprechen, auf eine Festanstellung. Aber die… — bennostieber (@bennostieber) 26. Januar 2015
@ChSchweppe …gibt’s immer seltener. Deshalb Vorsicht bei solchen Versprechen.— bennostieber (@bennostieber) 26. Januar 2015
@ChSchweppe Als ausgebildeter Journalist? Ich würde sagen ablehnen. Es müsste nen anderen Grund als die paar Cent geben, das zu machen. — bennostieber (@bennostieber) 26. Januar 2015
@ChSchweppe Im Lokalblatt steht man in Konkurrenz zu Leuten, die nicht für das Honorar schreiben. Pensionierte Lehrer Zahnarztgattinen z.B.— bennostieber (@bennostieber) 26. Januar 2015
@ChSchweppe … die den Bericht über ihre Krönung selber schreiben, haha… das kenne ich auch — bennostieber (@bennostieber) 26. Januar 2015
@ChSchweppe Der Geheimtipp ist, versuchen über den Aufwand zu reden: „Wie für 11 Cent/Zeile soll ich da hinfahren? Nicht ihr ernst…“— bennostieber (@bennostieber) 26. Januar 2015
@ChSchweppe Oft schwierig. Das geht oft nur, wen man „unentbehrlich“ ist. Also Experte für irgendwas. Manchmal können Redakteure höhere… — bennostieber (@bennostieber) 26. Januar 2015
@ChSchweppe … Spesen auszahlen. Besser als nix. Sonst muss man es vielleicht bei der Konkurrenz versuchen.— bennostieber (@bennostieber) 26. Januar 2015
.@bennostieber Gutes, hartes Schlusswort. Hat Spaß gemacht – Danke dafür, lieber @bennostieber! #11CentdieZeile — Christian Schweppe (@ChSchweppe) 26. Januar 2015
Honorar-Empfehlungen vom DJV
Wie steht es überhaupt um den Journalismus?
Klaus Meier ist Professor für Journalistik an der Universität Eichstätt. Seine Karriere begann im Lokaljournalismus bei der Frankenpost im bayerischen Hof. Heute ist Meier ein international anerkannter Experte in den Bereichen Redaktions- und Journalismusforschung, crossmedialen Entwicklungen und Journalisten-Ausbildung im digitalen Zeitalter.
Schluss mit der Selbstausbeutung!
Die Interviews zeigen es: Junge Journalisten sind oft froh, wenn ihre Texte und Beiträge überhaupt veröffentlicht werden. Die Medien wissen das – und zahlen entsprechend wenig. Umso wichtiger scheint die Arbeit von engagierten Köpfen wie den Freischreibern. Klar ist: Schluss mit der Selbstausbeutung! Junge, gut ausgebildete Journalisten haben ein Recht auf faire Honorare. Guter Journalismus kostet. Und er wird dringender gebraucht denn je. Verhandelt!